...und immer wieder soll das Herz Spagat machen.

...ist der Domador ein Engel.

Seit gestern Abend hat sich der Domador in sein Zimmer zurückgezogen und dieses höchst selten und meist wortlos verlassen, um sofort wieder darin verschwinden.
Frau Stella wird ihn heute früh nicht wecken, noch wird sie ihn mit besonderen Aufmerksamheiten überraschen.

Manchmal ist es eben nicht leicht älter zu werden.

voller Lust
warten
wie wiederkehrend
Gelächter aus dir purzelt

sanft
in deinem Redeschwall
Kraft duschen

deinen Esel
leicht treten
bis das Rennpferd startet

so
bauen wir
Himmelszelte,
hier auf Erden

Seit Tagen rumort es in Frau Stella, mäandern ihre Gedanken wortlos. Meistens im Kreis, ohne recht zu wissen wohin. Unglück, irgendwie. Und dann das Monster mit seiner Frage, warum ist nie alles richtig, trifft voll ins Schwarze, trifft ins Mark.
Heute morgen dann, im Gespräch mit den Domador, kommen die Worte, kommt die Frage heraus aus ihrem Mund.

Was ist schwieriger zu leben, was verursacht mehr Schmerzen?

Ein kleiner Makel in fast perfekter Schönheit
oder Schönheit im makelbehafteten Wesen.

Endlich Worte.
Daran lässt sich arbeiten.

Der Domador leidet. Er schnieft und schnauft und immer wieder schütteln ihn explosionsartige Niesanfälle. Nur mit Mühe kann er seine Hände von den Augen lassen, aber auch so scheinen Diese zu glühen. Und nachts schnauft neben Frau Stella ein Darth Vader.

Nichts hilft. Keine homöopathischen Mittelchen, keine Chemiehämmer, kein Duschen, kein Beten. Nichts.
Der Domador ist gereizt und extrem genervt,
redet in seiner Verzweiflung vom Auswandern oder noch besser vom einfach wegsein wollen.

Frau Stella schleicht engelnd um ihn herum, sendet Heilstrahlen so gut sie kann. Wäre gerne eine Kräuterhexe oder eine gute Fee und allmächtig.
Streichelt und liebkost und...
(und das ist das Schlimmste)
ist total hilflos.

"Schick sieht er aus, der Domador, mit seinem Knackarsch in der dunklen Jeans und dem engen, langarmigen T-shirt. Ein echt lecker Kerlchen", denkt Frau Stella, nachdem der Domador die Wohnungstür hinter sich zugezogen hat , "... und ich bin so unverantwortlich und lasse ihn alleine in dunkler Nacht auf den Kiez! Wenn ihm was passiert!"

Färbt Machismus eigentlich ab?

Es ruckelt und zuckelt, Klamotten und Möbel quetschen sich dicht an dicht und die Menschen darinnen, vollgestopft mit Alltag und Problemen, schieben sich durch die Flure und treten sich unabsichtlich auf die Füße. Kein ruhiger Ort hier. Schrilles Leben. Bauchnabel an Bauchnabel. Erkennen unmöglich.
Müssen uns Freiraum in die Bettdecken schaufeln, tief Luft holen und dem Anderen Luft zum Atmen denken, damit wir den Überblick behalten.

Hoffentlich erstickt es nicht dabei.
Das zarte Pflänzchen Liebe.

Und dann wieder sitzen Alle beisammen und es schwingt warmer Gleichklang durch die Räume.

Seltsam ist die Welt.

Bald ist Frau Stellas Kopf wieder gesund, aber was hilft das, wenn ihr Herz zu platzen droht, vor lauter Glück.

Und immer wieder hüpft das kleine Herz
um Worte, die es gestern hörte.
So zart und wehrlos waren sie.

Hüten will ich sie ganz sanft
und ehren
an einem warm geborgenen Platz.