Montag, 15. Oktober 2007
einfach nur anlehnen
Am Abgrund ihrer Nerven balanciert Frau Stella auf den Lidrändern und droht jederzeit auf einem Schwall Tränen in die Untiefen der Verzweiflung zu stürzen.
Monsters Wüten und Weinen verlangt unerbittliche Opfer, Herzblut und blaue Flecken. Monsterprobleme stapeln sich zur Nachtgeschichte, durchwühlen ihre Träume und fressen Energie. Kostbare, endliche Kraftreserven werden angezapft oder notdürftig mit Schokolade aufgepolstert.
Ein schrecklicher Gedanke froh zu sein, dass das Monster endlich schläft, und ein wunderschöner. Doch die Nacht ist nur ein Hauch bis der nächste Morgen zerrt und wieder das Karussel zur lustigen Gefühlswippe lädt. Auf und ab und auf und ab.
Heute wieder hat es das Monster erschreckend genau auf den Punkt gebracht. "Das ist ja das Problem.", sagte es "Wenn ich beim Papa bin, vermisse ich dich und bei dir vermisse ich Papa!"
Und es zerschneidet Frau Stella das Herz, da sie dem Monster diesen Schmerz zumuten muss, da sie diesen Schmerz nicht von ihm nehmen kann.
Schuldbeladen hat sie Monsters Wüten nichts mehr zu entgegnen ausser Tränen, die ungewollt fließen, die ihr den letzten Funken Würde klauen und die Kraft hier die Erwachsene zu sein.

Anlehnen will ich mich jetzt, einfach nur anlehnen und gehalten werden.

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naja, auch monsters müssen verstehen lernen, dass mamas keine spiel-unterhaltungs-essenkoch-zuhör-undwasweißich-maschinen sind. sondern menschen wie monsters mit gefühlen und launen und bedürfnissen.
meine mama war meine halbe kindheit krank, mein papa hat gearbeitet, da konnte ich mich auch nicht aufführen wie sau am sofa, sondern habe getröstet, aufgeräumt und auch mal was kleines gekocht.
ich würde mir das monster mal vorknöpfen, sehr deutlich machen, dass mich sein verhalten sehr sehr traurig macht und dann gemeinsam regeln ausarbeiten, wie monsters und mamas sich anständig behandeln. jeder muss die unterschreiben. kinder haben doch noch diesen ehren-kodex-hang.
ich weiß ja nicht, wie es so um monsters sozialleben steht, aber sowas wie freunde braucht der auch. wenn mama immer alles für ihn stemmt, wird er mal noch so ein nesthaken und yvonne-catterfield-hörer wie des cabmans kollege.
ich wurde meiner zeit einfach in einen sportverein gesteckt, was anfangs schauerlich war, mir aber irgendwann ganz gut gefiel. und jungs müssen sich ja mal austoben.

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Das ist ja gerade da Problem. Das gesamte Lebensgefüge vom Monster ist ja komplett neu. Da gibts noch keine Freunde, zumindest keine Sicheren.
Einzig Mama und Papa sind die Alten geblieben, sind sicher. Und das Monster ackert unglaublich um mit dieser neuen Situation klarzukommen, aber der Puffer für Unzufriedenheit und Ängste bin ich und das schlaucht...

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das hab ich mir fast gedacht, dass der terror damit in zusammenhang steht. also abwarten. bis weihnachten wird das hoffentlich besser sein, hm?
aber mit freundschaften hat das doch nichts zu tun, freunde muss das monster doch auch schon längst außerhalb haben? wenn nicht aus dem kindergarten, dann vom bolzplatz, aus dem nachbarhaus oder sonstwo. ich war auch eher einzelgänger, aber eine feste sandkastenfreundin hatte ich schon mit zwei jahren - da haben auch getrennte schulen nichts geändert. gerade einzelkindern ersetzen ja freundschaften ihre geschwister. sozusagen kleine wahlverwandtschaften, die im laufe des lebens immer wichtiger werden. wie man sich sowas findet, muss möglichst früh gelernt werden.

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Du kannst dem Monster halt nicht alle Schmerzen nehmen, egal, ob es jetzt halt noch ein kleines Monster oder später mal ein großes Monster ist (es scheint mir übrigens schon ein recht erwachsenes Monster zu sein für sein Alter). Irgendwann wird das Monster das ja auch begreifen...und in der Zwischenzeit...hm...wie wär's mit 'ner heißen, wohligen Badewanne für Dich? Ein Päckchen Taschentücher, zumindest virtuell offene Ohren, ein lecker Gläschen Rotwein, eine Tafel Trostschokolade und im Hintergrund ein müdes, sich in bessere Stimmung schlafendes, geliebtes Monster? *virtuelles wohlfühlszenario zu zaubern versuch*

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Danke, liebe Frau Pandora, ein Bad wäre vielleicht wirklich nicht verkehrt mal sehn.
Aber eine Schulter zum Anlehnen wäre mir gerade lieber, so grundsätzlich, meine ich.

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Ach ja, ich weiß ja, dass meine Schulter hier nicht gefragt ist. Aber der Herr Papa und ich bieten doch zumindest ein offenes Ohr, falls gewünscht, liebe Frau Stella, und ganz viel moralische Unterstützung.
Ein kleiner Trost vielleicht: Was mich nicht umhaut, macht mich stärker. Das gilt auch für das kleine Monster. Und die Situation ist objektiv nicht umhauend, sondern bei gutem Willen der handelnden Erwachsenen durchaus auch für kleine fantasievolle Monster zu bewältigen. Sie ist ja schon gesellschaftlicher Alltag und nicht mehr wie vor 40 Jahren eine Ausnahme.

Das Schulter-Problem ist natürlich nicht so leicht lösbar. Wenn man doch nette zuverlässige Kerle wie Honigkuchen backen könnte.....

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Ach, ihre Schultern sind auch nicht schlecht, nachteilig ist aber hierbei die Entfernung. Ich bin nunmal keine Giraffe, Frau Mama.

Natürlich kriegen wir das hin, aber es ist verdammt anstrengend.

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Das Monster hat allen Grund, zu trauern und zu wüten. Es kann nämlich nix dafür, dass es sein Leben und alle seine Gefühle jetzt in der Mitte teilen muss. Dass da, wo sich vorher zwei in ihren Kräften und Reaktionen ausgeglichen haben, immer nur noch jeweils einer ist, der jetzt alles abbekommt.

Genauso, wie Sie allen Grund haben, sich fertig und anlehnungsbedürftig zu fühlen.

Das mit dem Schuldgefühl ist schwierig. Denn einerseits beißt die Maus keinen Faden ab, dass man (gemeinsam mit dem Partner natürlich) dem Kind eine Verletzung zugefügt hat. Andererseits geschah das ja nicht grundlos (ohne Ihre Geschichte jetzt zu kennen), sondern üblicherweise erst nach einer langen Vorgeschichte bis hin zum schließlichen Eingeständnis, dass es zusammen nicht mehr ging.

Das war mein Strohhalm. Die tiefe, innere (und immer wieder aufs neue bestätigte) Überzeugung, dass es einfach keine Alternative zur Trennung gab, die - auf Dauer gesehen - nicht auch die Kinder mehr verletzt und in ihrer Entwicklung und Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt hätte. Vielleicht mag man das als Schönreden bezeichnen, aber ich weiß, dass es so ist.

Ich wünsch Ihnen immer wieder Kraft für Ihr Monster (aber auch, sich nicht vom Schuldbewusstsein als Geisel nehmen zu lassen, denn auf dieser Klaviatur zu spielen stünde niemandem zu, auch nicht einem verletzten Kind).

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Ja, im Grunde meines Herzens weiß ich auch, dass die Trennung im Endeffekt besser für alle ist, auch für das Monster.
Aber manchmal ... aber das kennen sie sicherlich auch.

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