Mittwoch, 28. Februar 2007
30 x 30 Zentimeter Innere Einkehr
Viertel nach neun am Morgen. Menschenmassen schieben sich durch die Gänge der U- und S- Bahn Stationen, hüpfen noch schnell in die sich langsam schliessenden Türen einer abfahrbereiten Bahn oder stieren wartend auf die Bildershow gegenüber vom Gleis. Er steht da auf einer dieser 30x30 Bahnsteigbodenplatten, seine Füße so ausgerichtet, dass sie die Grenzen dieser Platte nicht berühren. Sein Blick geht gen Boden, runter zu den Gleisen, die nur etwa 40 cm von der Bodenplatte entfernt in einem Abgrund liegen.
So steht er da, fast jeden Tag, zur selben Zeit, immer auf der gleichen Platte, immer mit dem selben gesenkten Blick, stocksteif und doch immer leicht vor- und zurückwippend, er steht so da, auch wenn eine S- Bahn an ihm vorbeirauscht und er löst sich erst aus der Erstarrung, wenn er in seine Bahn einsteigt.
Frau Stella kann den Blick nicht von dieser stocksteifen Menschenskulptur lassen, wenn sie dort auf ihre S-Bahn wartend steht. Dieser Mensch provoziert.
Und irgendwie beneidet Frau Stella ihn auch, um diese 30 x30 Zentimeter Einkehr, die er sich täglich, mitten im reissenden Menschenfluss, ertrotzt.

... link (2 Kommentare)   ... comment