Dienstag, 1. Mai 2007
Gedanken zum 1.Mai
Heute ist der 1.Mai und Frau Stella macht sich Gedanken darüber, was sie denn Schönes mit dem Monster unternehmen könnte.
Eine Tour mit dem Boot über die Elbe? Oder ins Niendorfer Gehege?

Früher, als sie noch jung war, da war es ziemlich klar, was sie am 1.Mai zu tun hatte. Am 1.Mai da ging Frau Stella demonstrieren. Zu erst mit Frau Mama und Herrn Papa "wacht auf, verdammte dieser Erde..." singend und später dann mit den Freunden im schwarzen Block (das heisst eigentlich immer nur ihn deren Nähe, denn so richtig dazugehörend fühlte sie sich dort auch nicht) "...keine Macht für niemand".
Wo ist Frau Stella das verloren gegangen, das politische Engagement und wann? Sie weiß es nicht so genau.
"Alles ist politisch", höre ich sie sich rechtfertigen," Monster erziehen zum Beispiel und die Arbeit im Theater auch..." Natürlich hat sie da recht. Alles was man tut und wie man es tut, bewegt letztendlich etwas, so wie der berühmte Flügelschlag des Schmetterlings, aber wann, wo und wieso ist ihr aktives politisches Engagement verschwunden? Wann hat es den schalen Geschmack des Lächerlichen bekommen. Wann überkam sie das Gefühl nicht mehr demonstrieren zu können, weil es eine überholte, sinnlose Form des Protestes sei, ohne nur im Ansatz eine neue Idee für eine andere Form zu haben. Wann erstickte ihre Utopie, ertränkt in Machtlosigkeit?

Frau Stella denkt zurück. An ihre letzten Demos gegen den Golf Krieg, Samba trommelnd inmitten tausender Mitstreiter, denkt an dieses kurzzeitige Wir-Gefühl, das in den Wochen auf der Strasse entstand, an dieses vielbeinige Wesen, das sich machtvoll durch die Strassen walzte. " ...Bürger lasst das glotzen sei, kommt herunter reiht euch ein..."
Und dann schießen ihr Erinnerungen wild durch den Kopf, immer gepaart mit einem Geruch von Aufbruch und Freiheit. Wie Frau Stella, zum Beispiel, gegen eine Autobahn quer durch Frankfurts Grüngürtel kämpfend, auf einem Baum saß und ihr von einem hämisch grinsenden Arbeiter die Äste unter dem Hintern weggesägt wurden. Welche panische Angst sie hatte und was für einen Stolz. Und dann das frustrierende Gefühl doch nichts aufhalten zu können, keine Autobahn, nichts,, verzögern vielleicht, aber nicht aufhalten. Dann die Arbeit in den vielen Gremien in der Landesschülervertretung, zäh, aber es tat sich auch was, manchmal. Oder dieses wunderbare Philosophieren, über "Gott" und die Welt in den anarchistischen Zirkeln. Grosse Gedanken, schöne Gedanken....
Da schlummert eine Sehnsucht in Frau Stella nach diesem Wir-Gefühl, nach Aufbruch und Freiheit, nach Utopie leben.

Noch findet Frau Stella das fehlende Glied nicht, das ihr politisches Leben so änderte. Eine Sprachlosigkeit gähnt ihr schwarz entgegen. Ein 15 Jahre grosses Loch.
Frau Stella muss wohl forschen gehen.
Und doch irgendetwas kündigt sich an, ein hauchdünner Seidenfaden einer Veränderung blitzt ab und zu auf. Frau Stella kann es noch nicht greifen, nicht benennen. Ein Haltungswechsel der Gefühle, vielleicht.

... comment


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.